Warning: Undefined variable $open_graphite_head in /home/.sites/587/site434/web/wp-content/plugins/open-graphite/_open_graphite.php on line 619 evamaria – Seite 9 – Säkularer Buddhismus

Ist der Tod eine Katastrophe?

Buddha sagt:

Es ist Teil meiner Natur, zu altern; ich bin vom Alter nicht ausgenommen. Es ist Teil meiner Natur, krank zu werden; ich bin von Krankheit nicht ausgenommen. Es ist Teil meiner Natur, zu sterben; ich bin vom Tod nicht ausgenommen. Ich werde von allem getrennt werden, was mir lieb und teuer ist.

Die Corona-Pandemie wäre eine Chance, uns solchen Gedanken zuzuwenden. Stattdessen suchen wir eine Lösung- eine Lösung gegen Krankheit und Tod.

Wir sind damit beschäftigt, die Corona-Zahlen zu checken. Neuinfizierte? Verfügbare Intensivbetten? Ampelfarbe? Todesfälle? Die Art und Weise, wie Menschen im Bewusstsein des Todes leben, interessiert kaum jemanden.

Warum ist das so? Weil uns der Tod Angst macht?

Die Seuche konfrontiert uns gnadenlos damit, dass wir nicht alles kontrollieren können.

Die Fortschritte der Technologie suggerieren, dass wir die Natur bezwingen können. Die Formel ist einfach: je technologischer eine Gesellschaft, desto fester verschließt sie die Augen vor dem Tod.

Wenn die Impfung kommt, wird alles gut.

Coronavirus, Pandemic, Vaccine

Nichts wird gut. Die Annahme, dass etwas gut werden müsse, impliziert, dass etwas schlecht ist. Ist das Leben schlecht, weil wir sterben müssen? Denn wir werden sterben. Alle.

Trotzdem: Wir könnten versuchen, mit Sorgfalt und Fürsorge im Jetzt zu leben. Das könnte uns helfen, mit unseren Ängsten vor dem Tod umzugehen.

Epikur sagt:

Der Tod geht uns nichts an; denn solange wir existieren, ist der Tod nicht da, und wenn der Tod da ist, existieren wir nicht mehr. Er geht also weder die Lebenden an noch die Toten.

Evamaria Glatz und Gabriele Sander

Über die Freundschaft

Die Freundschaft zwischen Michel de Montaigne und Etienne de la Boetie war für den großen Essayisten einzigartig, unvergleichlich und unbegründbar. Im Andenken an ihn hat er geschrieben, in dieser Freundschaft hätte es kein Anliegen gegeben als sie selbst. Er habe ihn geliebt, weil er er war und ich ich war.

Schöner kann man es nicht sagen.

evamaria

Ein neues Narrativ könnte entstehen

Das Coronavirus und und unsere Ängste

Gerald Hüther – Wikipedia

Wir sind auf die Ideologie hereingefallen, wir wären alle Einzelkämpfer. Wir haben geglaubt, dass Konkurrenz und Wettbewerb die Triebfedern der Evolution wären. Das macht schon lange vielen Menschen großen Stress. Unter solchen Bedingungen machen wir uns zu viel Druck und verfolgen unsere Ziele zu beharrlich. Wir können uns dann nicht mehr in andere hineinversetzen, wir können nicht mehr ruhig planen und eigene oder Handlungen von anderen nicht gut abschätzen. Und dabei versuchen wir immer wieder, Kontrolle zu gewinnen.

Solange wir lebendig sind, müssen wir mit Angst und Unsicherheit leben. Wir könnten Angst als liebevollen und hilfreichen Begleiter verstehen.

Es geht darum, das Leben so anzunehmen, wie es ist. Dazu gehört, dass es immer wieder Unsicherheit gibt. Da helfen keine Methoden, Techniken oder Trainings. Man könnte die Situation aber anders sehen, um sie zu ändern.

Was man immer ändern kann, ist man selbst.

Wir haben Vertrauen verloren. Was wären Ressourcen, Vertrauen wiederzugewinnen? Das wäre einmal Rückbesinnung auf die eigene Kompetenz, dazu käme Unterstützung durch andere und dann die Hoffnung, dass es wieder gut wird.

In unserer in Krisenzeit wird Angst geschürt; man wird empfänglich für die Botschaften, die Machthaber aussenden. Wir haben nur einen Weg: das Vertrauen, dass es gemeinsam und nur gemeinsam geht. Von Vorgaben und Bestimmungen, die andere für uns erlassen, muss man sich nicht abhängig machen. Wir Menschen sind zutiefst soziale Wesen. Wir brauchen jetzt das, was die Virologen sagen, was die Immunologen sagen, was die Psychiater sagen, was die Wirtschaft sagt… es geht nur mit einer Zusammenschau all dieser Komponenten. Diese Fachleute sollten einander zuhören und Wertschätzung zeigen und einander nicht als KonkurrentInnen betrachten.

Der Neurobiologe Gerald Hüther versteht sich als Brückenbauer zwischen Wissenschaft und individueller Lebenspraxis. Seine Gedanken habe ich aus mehreren Podcasts zusammengestellt.

Evamaria Glatz

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Der Auslöschung ins Auge sehen

von Stephen Batchelor

How Does Buddhism Speak to Us Today: An Interview with Stephen Batchelor -  Lion's Roar

„Wer mir nachfolgt, sollte sich kranken Menschen zuwenden“, sagte Gotama zu einer Gruppe von Anhängern, die einen von ihnen, der an der Ruhr litt, nicht beachtet hatten. Als er bei der Gemeinschaft ankam, fanden er und sein Gefährte Ananda in einer Behausung einen Pilger alleine am Boden liegend in einer Lache seiner Exkremente. Sie säuberten und badeten ihn, hoben ihn auf und legten ihn auf eine Bettstatt. Dann tadelte Gotama die anderen, weil sie die ethische Pflicht gehabt hätten, einem von ihnen zu helfen.

Indem er sich mit dem kranken Pilger identifiziert, zeigt er, dass das Erwachen, das er verkörpert und für das er steht, in unserer Fähigkeit wurzelt, uns um die konkreten Leiden anderer Menschen zu kümmern. Die Episode zeigt, dass diese Fürsorge ein spontaner, empathischer und von Herzen kommender Akt war. Sie zeigt auch, wie ein Heiler auf dringliche Bedürfnisse einer anderen Person reagiert: er stellt keine abstrakte Diagnose, warum dieser Mensch in Not ist. In Gotamas Lehrreden finden wir öfters Vergleiche mit einem kundigen Arzt, um zu illustrieren, wie man den Dharma praktizieren kann.

Gotama lud seine Anhänger ein, sich an vier Aufgaben zu halten, die miteinander in Beziehung stehen: sie sollten Schmerz akzeptieren, ihre reaktiven Emotionen sein lassen, wahrnehmen, wie die Reaktivität aufhört und mit Sorgfalt und Fürsorglichkeit handeln.

Angesichts der drohenden Klimakatastrophe ist es möglich, dass intelligentes Leben auf der Erde nicht fortbestehen kann. Das würde auch die Möglichkeit umfassen, dass wir ausgelöscht werden. Wir sollten uns nicht von Angst lähmen lassen, sondern in einem Zustand angstfeier Aufmerksamkeit verharren und von dort aus angemessen auf die Herausforderungen reagieren, die uns und kommenden Generationen bevorstehen. Was kann das konkret bedeuten? Nach der Überlieferung waren Gotamas letzten Worte : die Dinge fallen auseinander; beschreitet den Pfad mit Sorgfalt und Fürsorglichkeit. Für ihn waren das die Kardinaltugenden, die alle anderen umfassen.

Dafür ist es nicht notwendig, an Wiedergeburt und an das Gesetz des Karma zu glauben oder daran festzuhalten, dass Anhaften der Grund des Leidens ist und Nirwana dessen Ende. Solche Glaubenssätze können uns beim Engagement angesichts der drohenden Klimakatastrophe im Weg stehen. Der Dalai Lama wurde in einem Interview im Jahre 1989 gefragt, ob ein Buddhist sich Sorgen über die Zerstörung der Umwelt machen sollte. Seine Antwort war: Ein Buddhist würde sagen: Das ist nicht wichtig. Denn sogar wenn die Welt immer unbewohnbarer würde und das Auslöschung von einer Vielzahl von Lebewesen zur Folge hätte, würden die, die untergingen, nach dem Gesetz des Karma in anderen Gefilden oder einem anderen Universum wiedergeboren werden. Buddhisten könnten sehr wohl tiefes Mitgefühl empfinden gegenüber denen, die unter den Konsequenzen des Klimawandels leiden und ihr Bestes tun, dieses Leiden zu lindern; schlussendlich würde irgendeine Art von Bewusstsein den Tod überdauern und wiedergeboren werden. Was wirklich zähle: sich vom Zyklus der Wiedergeburten zu befreien und ewigen Frieden in Nirvana zu finden.

Für orthodoxe Buddhisten (wie auch für Hindus und Jains) wäre es besser, nicht geboren zu werden und nicht zu sterben. Daher ist Nirvana, das Ende des Leidens, auch das Ende des Lebens. Allerdings verzichten Mahayana-Buddhisten auf Nirvana und geloben, aus Mitgefühl mit anderen so lange nicht wiedergeboren zu werden, als fühlende Wesen noch immer im Zyklus von Geburt und Tod gefangen sind. Wenn der Bodhisattva alle diese Lebewesen befreit hat, geht sie/er auch in Nirvana ein und wird nicht mehr wiedergeboren. Auch wenn das eine nicht messbare Zeit lang dauere, bleibt das Prinzip das Gleiche: Nichtleben ist dem Leben vorzuziehen.

Im Gegensatz dazu fordern die vier Aufgaben direktes Engagement im Leben selbst, ohne sich um irgendwelche vorgefassten Meinungen über den Anfang und das Ende des Leidens oder über die Natur des Selbst zu kümmern. Indem man eine in kontemplative, empathische und existielle Beziehung mit die Leid dieser Welt tritt, versucht man, mit situationsangepasstem Mitgefühl zu reagieren. Die Herausforderung in der gegenwärtigen Krise, die ohne Vorbild ist, besteht darin, kreative Antworten zu finden, die auch ohne Vorbild sind. Wir sollten die Rolle der psychologischen Faktoren wie Gier, Hass und Dummheit in Rechnung stellen, und es sollte unsere größte Sorge sein, auf die biologischen, sozialen, ökonomischen, religiösen und politischen Bedingungen zu antworten, die der Krise zugrunde liegen und die zu ihr beitragen.

Die Meditation eines traditionellen Buddhisten über den Tod erfordert, dass die Sicherheit des Todes ins Auge gefasst wird und zugleich die Unsicherheit über dessen Zeitpunkt; und dann bei der Frage zu verweilen, wie wir jetzt angesichts der Bedingung der Sterblichkeit leben sollten. Diese persönliche Reflexion des Homo Sapiens würde etwa so aussehen:

Auslöschung ist sicher

der Zeitpunkt der Auslöschung ist unsicher

wie sollten wir jetzt leben?

Auslöschung ist sicher. Entweder wird die menschliche Rasse sich zu einer Lebensform entwickeln, die wir uns jetzt noch gar nicht vorstellen können, oder wir schaffen es, in einer mehr oder weniger humanoiden Form zu überleben und dann hinweggefegt zu werden, wenn die Sonne etwa in einer Milliarde von Jahren so heiß geworden ist, dass Leben unter ihr nicht mehr möglich sein wird. Aber keines dieser Szenarios ist sicher. Ein massiver Meteoriteneinschlag, eine sehr ansteckende Krankheit, Vulkanausbrüche, Zerstörung durch nukleare Waffen oder die Auswirkungen des Klimawandels könnte der menschlichen Existenz schon früher ein Ende bereiten, vielleicht schon in diesem Jahrhundert.

So wie der Tod unsere Aufmerksamkeit darauf richtet, was für uns als Individuen wichtig ist, richtet Auslöschung unsere Aufmerksamkeit auf das, was für uns als Gattung Mensch wichtig ist. Wenn wir der Auslöschung ins Auge sehen, werden wir intensiv gewahr, dass wir komplexe, denkende, fühlende, empfindende und fürsorgliche Wesen sind, die vor Millionen von Jahren durch Evolution und natürliche Selektion entstanden sind. Für selbstbewusste Tiere wie du und ich kann die Betrachtung der Auslöschung dazu führen, dass sich ein Raum des Wunderns eröffnet über die Herrlichkeit, überhaupt am Leben zu sein.

Aber ist es lebenswert, einfach nur am Leben sein? Ist die Entstehung und Entwicklung vom Leben einer Kaulquappe zu einem Silberrücken-Gorilla ein Gut, das für sich selbst steht? Oder ist “ kostbare menschliche Wiedergeburt“ nur deshalb so schätzenswert, weil sie es uns ermöglicht, uns von den sinnlosen ewigen Wiederholungen von Samsara ( in alle Ewigkeit von der Hölle in den Himmel und wieder zurück ) zu befreien und Nirwana zu erreichen, wo es Geburt und Tod nicht mehr gibt?

Embracing Extinction: Will Buddhism change to face humanity’s impending peril?

Published with the kind permission of Tricycle magazine and Stephen Batchelor

Übersetzung aus dem Englischen von Eva-Maria Glatz










	

I wish the wars were all over…

über die Sängerin, Liedermacherin und Aktivistin Joan Baez

Als ichJoan Baez in Wiens Stadthalle vor ungefähr 30 Jahren persönlich erlebt habe, war ich begeistert von ihrer ausdrucksvollen, klaren Stimme und ihrer Präsenz. Unter jungen Linken war sie damals schon sehr bekannt als Aktivistin für Bürgerrechte und gegen den Vietnamkrieg.

Joan Baez, in New York geboren, hatte schon als Schülerin ihre Mitschüler mit Schulhofkonzerten unterhalten. Nach Beendigung der High School schrieb sie sich zwar an der Boston University ein, konzentrierte sich aber bald nur noch auf ihre Gesangskarriere. 1959 erreichte sie auf dem Newport Folk Festival zum ersten Mal ein größeres Publikum.

In den Anfangsjahren ihrer Karriere litt Joan Baez an schweren Lampenfieberattacken, zeitweise verstärkt durch Agoraphobie. Manchmal habe sie vor lauter Angst einen Konzertauftritt unterbrechen müssen, habe sich im Waschraum mit Wasser erfrischt, ein wenig geweint und sei dann wieder auf die Bühne gegangen. Niemand habe etwas bemerkt oder bemerken wollen. Manchmal sei die Angst vor einem Konzert so groß geworden, dass sie nicht einmal das elterliche Haus habe verlassen können. Nur ihre Schwester Mimi, die sie zu den Konzerten begleitete, habe davon gewusst und sie bei der Bewältigung dieses Problems unterstützt. Das Lampenfieber habe sie noch lange begleitet. Heute sei sie davon befreit und gehe entspannt auf die Bühne.

Baez bezeichnete 2009 die Begegnung mit Bob Dylan als ihren künstlerischen Durchbruch. Dylan erinnert sich einem Film vor allem an den harmonischen Zusammenklang ihrer Stimmen und das Besondere an Baez’ zum Teil virtuosem und kompliziertem Gitarrenspiel, das keiner außer ihr in dieser Form beherrscht habe.

In der ersten Hälfte der 1960er-Jahre stand sie mit an der Spitze der Folkbewegung. 1962, auf einer Tournee durch die Südstaaten, entschloss sie sich, nur noch dort aufzutreten, wo es keine Rassenschranken gab. Somit blieben ihr in den USA nur die schwarzen Universitäten. Im August 1963 sang sie auf dem Civil Rights March das berühmte We Shall Overcome, das in den folgenden Jahren quasi zu ihrem sängerischen Markenzeichen wurde. 1969 trat sie auf dem Woodstock-Festival auf. Die schwangere Sängerin nutzte dieses große Forum, um die Missstände in der Welt anzuprangern.

Kurz vor ihrem 50. Geburtstag 1991 engagierte sie zum ersten Mal einen Manager und nahm Gesangsunterricht. Seit dieser Zeit spielt sie bei Plattenaufnahmen nur noch sehr selten Instrumente, sondern konzentriert sich weit mehr auf ihren Gesang. Bei Live-Tourneen spielt sie die Gitarre nach wie vor selbst.

Die Eltern von Joan Baez waren Quäker, zu deren Maximen Gewaltlosigkeit gehört. Das wurde zu auch einer wichtigen Vokabel in Joan Baez’ politischem Wortschatz, auch gegenüber dem politischen Gegner, zum Beispiel bei Demonstrationen gegenüber der Polizei. Bei politischen Veranstaltungen auch unter schwierigen, politisch-emotional aufgeladenen Bedingungen (z. B. als Steine auf schwarze Schüler geworfen wurden, die in eine weiße Schule gingen), hatJoan Baez immer darauf gedrängt, dieses Wort mehrfach in die Reden einzuflechten, die die angespannte Situation zu deeskalieren.

Nachdem sie 1972 in einem Interview gesagt hatte, dass sie zehn Jahre zuvor eine lesbische Beziehung unterhalten hatte und sich als bisexuell sieht, gab sie 1978 einige Benefizkonzerte gegen die sogenannte Briggs-Initiative, die allen homosexuellen Lehrern den Unterricht an öffentlichen Schulen in Kalifornien verbieten wollte.

In Madrid sang sie 1977 nach dem Ende der Diktatur Francisco Francos unter anderem den Song We Shall Not be Moved (Spanisch No nos moverán), der 40 Jahre lang in Spanien verboten gewesen war. Im selben Jahr veröffentlichte sie den Protestsong China, in dem sie die blutige Niederschlagung des Volksaufstandes auf dem Tian’anmen-Platz in Peking anprangerte. 1992 war sie eine der ersten Künstlerinnen, die Bosnien-Herzegowina besuchten. Im kriegszerstörten Sarajevo ging sie, geschützt durch eine kugelsichere Weste, mit Begleitschutz durch die Straßen, sprach mit den Menschen und musizierte u. a. mit dem als Cellist von Sarajevo bekannten Straßenmusiker Vedran Smailovic. 2010 zeigte sich Baez in der Öffentlichkeit kritisch gegenüber dem neuen verschärften Einwanderungsgesetz für Mexikaner im US-Bundesstaat Arizona und nutzte dazu Konzertauftritte.

Ihr Sohn Gabriel aus der Ehe mit David Harris ist im Dezember 1969 geboren. Er begleitet sie heute als Perkussionist ihrer Band.

Nach der Scheidung von Harris hatte sie kurze und wechselnde Beziehungen zu verschiedenen Partnern, lebt aber seither als Single. Sie wohnt gemeinsam mit ihrem Sohn Gabriel, Schwiegertochter und Enkelin in Kalifonien. Auch ihre Mutter lebte bis zu ihrem Tod im Jahre 2013, kurz nach ihrem 100. Geburtstag, bei ihr. Auf ihrem Grundstück hat Baez ein Baumhaus, in dem sie einen großen Teil ihrer freien Zeit verbringt, meditiert und schreibt.

Ich habe sie zuletzt im April 2020 singen gehört und gesehen. Sie hat jetzt weiße Haare, ihre Stimme ist tiefer geworden. In Quarantäne singt sie für die heroes of our time, für die Krankenschwestern, Busfahrer, Ärzte und Supermarkt-Angestellte, sie singt auch auf Deutsch, Italienisch und Spanisch.

Ihren Lebenslauf würde ich mit Martine Bachelor ein beeindruckendes Beispiel von creative engangement nennen.

Die Daten habe ich aus Wikipedia Einträgen und einigen Zeitungsartikeln zusammengestellt.

Eva-Maria

Ohne LehrerInnen auf dem Weg sein

Stephen Bachelor hat uns wissen lassen, dass er nicht mehr ins buddhistische Zentrum von Scheibbs kommen wird. Nach den Jahrzehnten, in denen er Retreats dort gehalten hat, ist das erst mal ein schwerer Schlag. Wir werden ihn, seinen scharfen Intellekt und seine sanfte Freundlichkeit vermissen.

Das mag einige von uns zum Nachdenken bringen, wie wir uns alleine weiter auf den Weg machen könnten. Was brauchen wir dazu?

Nicht nur Lehrer können uns fördern. Dazu kann eine passende Umgebung und besonders die Hilfe einer Gruppe kommen. Alleine sei es sehr schwer, die Praxis aufrecht zu erhalten. Das sagt uns die erfahrene Lehrerin Martine Bachelor.

Meditation retreats offered by Martine & Stephen Batchelor ...

Stephen Bachelor hat uns an die letzten Worte Buddhas erinnert:

beschreitet den Pfad mit Sorgfalt und Fürsorglichkeit.

Und der chinesische Zen Meister Rinzai aus dem neunten Jahrhundert uns gibt uns den Rat:

….du brauchst nichts besonderes zu tun. Wenn du hungrig bist, iss deinen Reis, wenn du müde bist, schließ die Augen.

So ausgestattet könnten wir uns getrost auf den Weg machen.

臨濟義玄 Linji Yixuan (?–866): 臨濟錄 Linji lu

evamaria

Einsamkeit in der Zeit von COVID-19

von Stephen Batchelor

       Die normale Zeit steht still. Ich bin in einem mittelalterlichen Dorf in der Nähe von Bordeaux im Südwesten Frankreichs eingesperrt, umgeben von Weinbergen und Wäldern. In dieser Einsamkeit fühle ich mich zu Hause. Ich meditiere seit mehr als vierzig Jahren. Ich bin es gewohnt, mit gekreuzten Beinen auf einem Kissen zu sitzen, nur zuzuhören, nachzudenken und mich zu wundern. Einsamkeit bedeutet mehr als nur körperlich allein zu sein. Wahre Einsamkeit ist ein Geisteszustand, der gepflegt werden muss. Es braucht Zeit, eine nichtreaktive Achtsamkeit zu entwickeln, die unberührt ist von dem Gezeter inneren Stimmen, die Aufmerksamkeit fordern. Das ist nicht einfach.

Vor vierhundert Jahren, nicht weit von meinem Wohnort entfernt, zog sich der Essayist Michel de Montaigne in einen Turm auf seinem Anwesen im Dordogne-Tal zurück, um seine verbleibenden Jahre der philosophischen Kontemplation zu widmen. Der größte Dienst, den ich meinem Verstand leisten könnte, hatte er gedacht, wäre, ihn in völliger Untätigkeit zu lassen, für sich selbst zu sorgen, sich selbst zum Stillstand zu bringen und sich niederzulassen. Aber stattdessen, wie ein außer Kontrolle geratenes Pferd, das überallhin galoppiert, brachte er seltsame, fantastische Monster nacheinander hervor, ohne Ordnung oder Format.
1585, vierzehn Jahre nach seinem Rückzug in seinen Turm, verwüstete die Pest Bordeaux. Über sechs Monate starben 14.000 Menschen in der überfüllten Stadt. Als sich die Krankheit auf dem Land ausbreitete, musste Montaigne mit seiner Familie aus seinem Anwesen fliehen, um Zuflucht vor der Epidemie zu suchen. Sechs Monate lang wurden sie zu einer Quelle der Angst für die Freunde, die sie beherbergten. Sollte er, seine Frau oder Tochter sich über die geringste Krankheit beschweren, wären sie plötzlich gezwungen zu gehen. Leichen lagen unbestattet auf den Feldern. Sie sahen Leute, die ihre eigenen Gräber gruben. Jedes Mal, wenn Sie einem Risiko ausgesetzt sind, überlegte Montaigne, verbringen sie ihre Quarantäne in einer ekstatischen Angst vor dieser Krankheit. Ihre Fantasie hat inzwischen ihre eigene Art, sie zu erregen und ihre Gesundheit duch Fieber ins Schwitzen zu bringen.
Porträt von Michel de Montaigne (1533-15 - Unbekannter Künstler ...
     Heute sind die Straßen in meinem Dorf verlassen. Jedes Mal, wenn ich das Haus verlasse, muss ich ein Formular ausfüllen, um zu erklären, wohin ich gehe und warum. Als siebenundsechzigjähriger Mann gehöre ich zu einer Risikogruppe. Wäre ich mit dem Virus infiziert, könnte ich bald an einer Lungenentzündung oder einem Organversagen sterben. Der unsichtbare Feind kann sich bereits in mir vermehren. Covid-19 ist meinen Bedürfnissen und Wünschen gegenüber völlig gleichgültig.

Jeden Morgen erwache ich zu einem ewigen Sonntag. Inmitten von Angst, Ansteckung und Tod bin ich überwältigt von der Stille um mich herum. In den zwanzig Jahren, in denen ich hier gelebt habe, war es noch nie so ruhig und still. Während die Menschen in ihren hektischen Bemühungen innehalten, hört der Hintergrund von Verkehr und Industrie auf. Die Amseln singen süßer. Es ist, als ob die Natur selbst wieder atmen kann.  Sobald die Neuheit der Selbstisolation nachlässt und der Umbruch, eine beispiellose Zeit zu durchleben, nachlässt, fühlen Sie sich möglicherweise frustriert und unruhig. Sie haben sich vielleicht darauf gefreut, mehr Zeit zu haben, um Bücher zu lesen, Gedichte zu schreiben und zu meditieren, aber Ihr Geist wird sich nicht beruhigen. Sie sind von Sorgen über die Ansteckung mit dem Virus belagert. Sie sind besorgt über Ihr Einkommen und Ihre Beschäftigung, wenn der Lockdown endet. Sie springen von einem katastrophalen Gedanken zum nächsten. Sie sind durch Unsicherheit gelähmt. Wenn Sie nicht wissen, wie Sie sich selbst regieren sollen, bemerkte Montaigne, wäre es Wahnsinn, sich sich selbst anzuvertrauen. Selbstverwaltung ist von zentraler Bedeutung für die von Montaigne praktizierten griechischen Philosophien sowie für die Disziplinen des Buddhismus und anderer kontemplativer Traditionen. Aber es ist kein Fach, das heute in den meisten unserer Schulen und Hochschulen unterrichtet wird. Wenn es darum geht, mit unseren Gedanken, Emotionen und Ängsten umzugehen, bleiben wir oft allein und haben wenig Unterstützung. Beim Lockdown stellen wir möglicherweise fest, dass uns die Fähigkeiten fehlen, um in der Einsamkeit zu gedeihen.
Für Montaigne beginnt die Praxis der Einsamkeit damit, unseren Geist und Willen wiederzugewinnen, die sich anderswo beschäftigen. Er beschreibt die Methode, die in seinem Fall am besten funktioniert hat. Indem ich die Auswirkungen und Umstände der Leidenschaften, die mich regieren, genau ausspioniere, schreibt er, „habe ich gelernt, die winzigen Brisen zu erkennen, die mich berühren und als Vorläufer des Sturms in mir murmeln. Dies hat es ihm ermöglicht, die Raserei ihrer Anklage zu verlangsamen und die Tür zu schließen gegen sie. Auf diese Weise konnte er seinen Geist demütigen und zur Ruhe legen. Durch seine eigene introspektive Analyse entdeckte und praktizierte er, was wir heute als „Achtsamkeit“ bezeichnen würden.  
Montaignes Praxis der Einsamkeit führte ihn nicht dazu, die Pest zu ignorieren und sich in einem Zustand ferner Gleichgültigkeit auszuruhen. Es ermöglichte ihm, die Epidemie mit Klarheit und Konzentration zu betrachten, was ihm den Mut und die Entschlossenheit gab, angemessen zu reagieren. Im Herzen der Einsamkeit liegt ein Paradoxon: Schauen Sie sich isoliert lange und genau genug an, und plötzlich werden Sie den Rest der Menschheit zurückblicken sehen.  Das romantische Bild des in seinem Turm isolierten Philosophen-Einsiedlers ist irreführend. Die Gutsglocke befand sich direkt über Montaignes Bibliothek. Das ganze Gebäude zitterte jedes Mal, wenn es klingelte. Kammerdiener, Sekretärinnen und ein Priester gingen den ganzen Tag ein und aus. Der Hof draußen war voller Bäcker und Schmiede, Hühner und Esel, Kinder und Hunde. Während seiner Zeit in der Einsamkeit unternahm Montaigne diplomatische Missionen, um Verbindungen zwischen den katholischen und protestantischen Kräften herzustellen, die sich im Bürgerkrieg, der Frankreich fast sein ganzes Leben lang verwüstete, gegenseitig schlachteten. Sein Rat an den zukünftigen König Heinrich V. hat möglicherweise dazu beigetragen, den Weg zu der Beilegung des Konflikts zu ebnen, die die Gewalt im Jahr 1598 beendete. Um die Wahrheit zu sagen, gestand er, „erweitert die begrenzte Einsamkeit meinen Horizont und erweitert mich nach außen: Ich stürze mich bereitwilliger in die Angelegenheiten des Staates und in die weite Welt, wenn ich allein bin.

Stephen Batchelor ist der Autor von The Art of Solitude (Yale University Press, 2020)
(geschrieben am 6. April 2020).

Übersetzt aus dem Englischen von E.G.

Corona

die Pandemie hat unser Leben auf den Kopf gestellt. Wir älteren Leute waren durch die Einschränkungen, die uns auferlegt wurden, besonders betroffen.

Angst geht um. Viele fürchten sich vor Ansteckung, einige davor, den Kontakt mit ihren Lieben zu verlieren.

Es ist eine Gelegeheit, sich selbst und andere besser kennen zu lernen. Wie gehe ich damit um, wenn Menschen meine Emotionen nicht teilen? was mache ich mit der verordneten Einsamkeit?

Es gibt viele Beispiele, wie Menschen zusammengewachsen sind, trotz räumlicher Entfernung. Niemand ist eine Insel – das kann man anschaulich erfahren.

Venedig nach Corona: Neuerfindung oder zurück zum Massentourismus?

Wir können uns an der Sauberkeit der Lagune von Venedig erfreuen und müssen doch zur Kenntnis nehmen, dass die Meere durch Plastikhandschuhe und Masken noch mehr verschmutzt werden. Wie sich die Coronakrise im Weiterem entwickelt wird, liegt auch an uns und unserem Konsumverhalten. Für ein Wochenende nach London zu fliegen ist keine gute Idee mehr. Die Coronakrise wird zu umfassenden Klimakrise, gefährlich und für viele tödlich.

Und WissenschaftlerInnen sagen uns, dass weitere Pandemien folgen werden, da immer mehr Menschen und Nutztiere auf immer engerem Raum leben.

Was ist zu tun? Bescheidenheit und Loslassen sind angesagt. Ängste ernst nehmen. Versuchen, die Verbundenheit aller Lebewesen immer mehr zu spüren und ins eigene Herz zu verankern. Mit den Veränderungen aufmerksam leben.

evamaria

Wieder ein Peer-Retreat

Zum fünften Mal haben wir säkularen Buddhistinnen und Buddhisten ein Retreat organisiert. Ursprünglich hatte unser Freund Winton Higgins aus Australien uns vorgewarnt: Ein Retreat ohne Lehrerin/Lehrer wäre so ähnlich wie Katzen zu hüten, aber das können wir nicht bestätigen. Es gab diesmal keine Vorträge; das Programm war trotzdem vielfältig: Es gab einige Meditationensitzungen täglich, an die wir uns nach Jason Siffs Methode „Recollective Awareness“ zu erinnen versuchten; außerdem achtsames Arbeiten und ein gemeinsamer Spaziergang täglich, dazu Yoga und Feldenkraisübungen, für die, die das gemeinsam machen wollten. Wir haben die ganze Zeit im Schweigen verbracht.

Es war eine spannende Erfahrung für mich. Es ändert den Blickwinkel entscheidend, wenn man die ganze Organisation selber macht und auch dafür verantwortlich ist. Autorität vermittelt Sicherheit. Macht man die Dinge selber, wird man zwar manchmal unsicherer, aber gleichzeitig unabhängiger.