Warning: Undefined variable $open_graphite_head in /home/.sites/587/site434/web/wp-content/plugins/open-graphite/_open_graphite.php on line 619 Die vier Phasen des Loslassens von Martine Batchelor – Säkularer Buddhismus

Die vier Phasen des Loslassens
von Martine Batchelor

Martine BatchelorDas werdet ihr weder in der Zen-Tradition noch in der Theravada-Tradition finden können. Ich habe es entwickelt – seht, ob es für euch passt oder nicht. 1

Was bedeutet „Loslassen“ für jeden einzelnen von uns in der Praxis? Sich alleine das Wort vorzusagen, ändert gar nichts. Ich spreche von vier Phasen: DanachWährendam AnfangVorher. Danach: Wenn du dich über irgendeine Sache sehr aufgeregt hast: wie alle Dinge ist sie und deine Aufregung unbeständig und irgendwann vorbei, und du bist nicht mehr so involviert und siehst dir die Situation an und denkst: da war ich ganz schön verstrickt. Für mich ist das schon Loslassen. Anstelle dir zu sagen: ich habe recht gehabt etc., setzt du ein, was ich kreative Achtsamkeit nenne. Du denkst nicht mehr: das – was immer es war – ist doch wirklich wahr, und niemand sollte es in Frage stellen. Du beginnst zu denken: vielleicht war es nicht ganz so wahr, wie ich dachte. Du fängst dabei aber nicht an, dich selbst wegen deines Verhaltens schlecht zu machen. Es geht darum, zu sehen: unter welchen Bedingungen steigere ich mich in etwas hinein, was sind die Auslöser? Du sagst dir dann nicht mehr: ich konnte nicht anders, sondern siehst dir die Sache näher an. Loslassen übst du immer, wenn Du Schwierigkeiten hast – man lernt das nicht im Paradies, sondern immer dann, wenn man an einer Sache festhält. Schwierigkeiten sind der Stoff, der durch einen Prozess des Beobachtens und Lernens zu Erwachen führt. Während: Diese Phase des Loslassens – wenn du in einem negativen Muster gefangen bist – ist die schwierigste. Nach einer gewissen Zeit der Praxis wird man achtsamer, und du bist dir also dessen bewusst, dass du gefangen bist, zum Beispiel in Wut – aber das ändert nichts: Achtsamkeit funktioniert nicht wie ein Zaubermittel. In Reaktionen wie Wut liegt viel Energie, die ein allgemeines vages Gefühl von Achtsamkeit nicht auflösen kann. Dazu braucht es ein Element von Kreativität. Es kann hilfreich sein, in die Reaktionen seines Körpers hinein zu spüren. Damit das funktioniert, muss die Kraft der kreativen Achtsamkeit gleich stark sein wie die des gewohnheitsmäßigen Musters. Wenn wir in Meditation sitzen, entwickeln wir diese Energie kreativer Achtsamkeit. In Phasen von Verstricktheit kann einfach helfen, sich den eigenen Zustand bewusst zu machen und sich zu fragen: was kann ich tun, um ihn nicht noch zu verstärken? Manchmal haben wir so viel Angst vor den eigenen Emotionen: sie könnten uns über den Kopf wachsen. Aber jedes Gefühl kommt, bleibt eine Weile und vergeht dann wieder, und wenn wir es nicht nähren, wird es nachlassen. All dies hat mit der 1. „Edlen Wahrheit“ zu tun: Schmerz umarmen. Dieser Zugang kann dazu führen, dass die kritische Phase weniger lang dauert und weniger intensiv ist, und das sollten wir wertschätzen. am Anfang: Du lernst also, dass du nicht immer in Verhaltensmustern gefangen bist: du siehst die Auslöser, die Bedingungen, die Faktoren, die dazu beitragen. Die Achtsamkeit, die wir entwickeln, ist kein statischer Zustand, sondern klarere Sicht, die uns kreatives Handeln ermöglicht. Und das sollte am Beginn eines Verhaltensmusters einsetzen. Man kann sich auf auslösende Faktoren einstellen und vorbereiten. Aus diesem Grund ist es so wichtig, uns selbst zu kennen: nicht, damit wir uns Selbstvorwürfe machen, sondern um zu wissen: wie ticke ich und wie kann ich mir selber helfen? Bis zu einem bestimmten Punkt meinen wir, unsere Gewohnheiten wären stärker als wir selbst. Aber mit der Zeit wird die Kraft kreativer Achtsamkeit genauso stark, und die Gewohnheit ist nicht mehr unüberwindlich. Vorher: Jetzt kennst du also deine Gewohnheiten, und deine kreative Achtsamkeit ist stärker als deine Verhaltensmuster. Dann tritt eine Situation ein, in der du immer wieder in ein solches Muster fällst. Sich dann anders zu verhalten als gewohnt, kann große Angst auslösen. Deshalb ist Verhaltensänderung so schwierig: wir ziehen den Schmerz des Bekannten dem Nicht-Schmerz des Unbekannten vor. Wenn man dennoch wagt, sich anders, neu zu verhalten, kann das große Erleichterung auslösen, und man fragt sich dann: warum habe ich das nicht früher gemacht? Mitgefühl für sich selbst und für andere kann Auslöser sein, dass man sich diesen altgewohnten Schmerzen nicht mehr aussetzt. Auch hier kommt die 1. „Edle Wahrheit“ ins Spiel: wenn du dich mit Schmerz vertraut gemacht hast und ihn spürst, dann kannst du irgendwann nicht anders, als den Schmerz, den du dir selbst zufügst, loszulassen. Das sind die vier Phasen des Loslassens. Jetzt möchte ich sie mit einem Element der koreanischen Zen-Tradition verknüpfen, das bezeichnet wird als: plötzliches Erwachen, gefolgt von schrittweiser Praxis. Manchmal wird so von „Erleuchtung“ gesprochen: wenn sie dir widerfährt, schwebst du im Raum herum, leuchtend wie ein Christbaum. Und so sitzen wir in Meditation und warten darauf, abzuheben…und wann geht das Licht an? …und mein Licht ins größer als deines… Wenn wir das aber anders denken: es gibt Momente plötzlichen Erwachens, denen schrittweise Praxis folgt, und darauf folgt wieder ein Moment plötzlichen Erwachens, und dann kommt wieder schrittweise Praxis und so weiter – dann sind alle Momente des Loslassen Momente plötzlichen Erwachens. Plötzliches Erwachen bedeutet einfach, dass in jedem einzelnen Augenblick etwas passieren kann. Aber nicht im Sinn des Abhebens und Erleuchtetseins, sondern: in jedem einzelnen Moment kann ich loslassen und dadurch klar sehen, vielleicht etwas, was ich nie zuvor gesehen habe. Es gibt solche Momente, in denen wir anders als sonst reagieren: offener, kreativer, geduldiger. Diese Momente sind etwas Besonderes, aber sie gehen vorbei, und im nächsten Augenblick kann es geschehen, dass wir wieder an etwas festhalten. Es geht darum, Bedingungen zu schaffen, dass es weniger Augenblicke des Festhaltens gibt, und dass sie weniger lange andauern – dafür brauchen wir die schrittweise Praxis. Auf die Momente des plötzlichen Erwachens dürfen wir nicht warten. Wenn sie aber kommen, dienen sie dazu, unser Vertrauen darauf aufzubauen, dass wir durch schrittweise Praxis bewirken können, Frieden und Klarheit zu erfahren. Dafür brauchen wir einen geduldigen Geist. Und da wir so viele Gewohnheiten haben, sollten wir eine nach der anderen bearbeiten. Gezielt auf plötzliches Erwachen zu warten, wäre ein Irrweg; berechnend wirst du es nie erfahren. Die Sache ist knifflig: Wir sitzen also in Meditation, und zwar nicht, weil wir nichts Besseres zu tun haben, wir haben Gründe dafür. Wir hoffen auf Weisheit, Mitgefühl und Erwachen. Und wenn wir also sitzen, warten wir, dass etwas Besonderes passiert. Wir hören so viel von diesen besonderen meditativen Erfahrungen – ja, sie passieren, aber wir dürfen nicht glauben, dass sie der Kern der Sache seien. Auf dem Pfad zu Weisheit und Mitgefühl geht es um das Loslassen, und die besonderen Erfahrungen sind eine Begleiterscheinung.

  1. bei diesem Text handelt es sich ursprünglich um gesprochenes, nicht geschriebenes Wort in englischer Sprache; der Vortrag wurde gehalten in Gaia House, England, am 10.4.2012, zugänglich unter: http://www.dharmaseed.org/teacher/119/?search=four+stages; mit Zustimmung der Autorin frei auf deutsch wiedergegeben und gekürzt von Evamaria Glatz

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