Warning: Undefined variable $open_graphite_head in /home/.sites/587/site434/web/wp-content/plugins/open-graphite/_open_graphite.php on line 619 Albert Camus – Säkularer Buddhismus

Albert Camus

albert camus aus seinen Texten: Die einzige Angst, die mich bedrückt, ist das Gefühl, dass dieser ungreifbare Augenblick mir durch die Finger rinnt wie Quecksilberperlen. Kümmert euch doch nicht um die Leute, die sich von der Welt abkehren wollen. Ich kann sagen, dass es einzig darauf ankommt, menschlich zu sein, einfach. Nein, es kommt darauf an, wahr zu sein, und dann ergibt sich alles von selber, die Menschlichkeit und die Einfachheit. Und wann bin ich wahrer und lauterer, als wenn ich die Welt bin? Man vermeint, von der Welt geschieden zu sein, aber es genügt, dass ein Olivenbaum im goldenen Staub aufragt, es genügt, dass ein paar Flecken Strand in der Morgensonne aufblitzen, damit man diesen Widerstand in sich dahinschmelzen fühlt. So ergeht es mir. Ich werde mir der Möglichkeiten bewusst, für die ich verantwortlich bin. Jede Minute des Lebens trägt in sich ihren Wert als Wunder und ihr Gesicht ewiger Jugend. Das Leben ist kurz und seine Zeit zu verlieren ist eine Sünde. Frage: was tun, um seine Zeit nicht zu verlieren? Antwort: sie in ihrer ganzen Länge empfinden. Mittel: Tage im Wartezimmer eines Zahnarztes auf einem unbequemen Stuhl verbringen; den Sonntagnachmittag auf seinem Balkon verleben; sich Vorträge in einer Sprache anhören, die man nicht versteht; die längsten und am wenigsten bequemen Eisenbahnverbindungen aussuchen und natürlich stehend reisen; an der Theaterkasse Schlange stehen und dann seine Karte nicht benutzen… Die Menschen waren wie umherirrende Schatten, die nur zu Kräften hätten kommen können, wenn sie bereit gewesen wären, im Boden ihres Schmerzes Wurzeln zu schlagen. Der wahre Mut besteht immer noch darin, die Augen weder vor dem Licht noch vor dem Tod zu verschließen. Ich hänge an der Welt mit meinem ganzen Tun, an den Menschen mit meinem ganzen Mitleid und meiner Dankbarkeit. Zwischen dieser Licht- und dieser Schattenseite der Welt will ich nicht wählen.

Einen Menschen zu besiegen ist ebenso bitter wie von ihm besiegt zu werden.

Es ist ein Missgeschick, wenn man nicht geliebt wird. Aber es ist ein Unglück, wenn man nicht liebt.

Was kann ein Mensch sich Besseres wünschen als Armut? Ich habe nicht Elend gesagt und rede auch nicht von der hoffnungslosen Arbeit des modernen Proletariers. Aber ich sehe nicht, was man sich mehr wünschen kann als mit tätiger Muße verbundene Armut.

…sich überall zuhause zu fühlen, weil er sich kein Zuhause wünschte, sondern nur Freude, freie Menschen, Kraft und alles, was das Leben an Gutem, Geheimnisvollen und dem hat, was man nicht kaufen kann und nie wird kaufen können. Er bereitete sich durch die Armut darauf vor, eines Tages imstande zu sein, Geld zu bekommen, ohne je darum gebeten zu haben und ohne je darauf angewiesen zu sein.

 

Es passiert in der Geschichte immer wieder, dass derjenige, der zu sagen wagt, dass zwei und zwei vier sind, mit dem Tode bestraft wird. Es darf aber nicht darum gehen, welche Belohnung oder Bestrafung ich für meine Aussage bekomme. Es geht einzig und allein darum, festzustellen, ob zwei und zwei vier sind oder nicht.

Es ist das Leben, weniger die Ideologie, die zum Kommunismus führt….Ich wünsche so sehr, dass die Summe an Unglück und Bitterkeit, die die Menschen vergiftet, verringert wird.

Gibt es eine Partei der Leute, die nicht sicher sind, recht zu haben? Bei der bin ich Mitglied.

Das Böse in der Welt geht fast immer von Unwissenheit aus, und der gute Wille kann ebenso viel Schaden anrichten wie Bosheit, wenn er nicht aufgeklärt ist. Die Menschen sind eher gut als böse, aber sie sind mehr oder weniger unwissend, und das nennt man dann Tugend oder Laster, wobei das hoffnungsloseste Laster das der Unwissenheit ist. Die Seele des Mörders ist blind, und es gibt keine wirkliche Güte oder wahre Liebe ohne die größtmögliche Klarsichtigkeit.

Es gibt auf dieser Welt Plagen und Opfer, und man muss sich, soweit wie möglich, weigern, auf Seiten der Plagen zu sein.

Kann man ein Heiliger ohne Gott sein? Das ist das einzige konkrete Problem, das ich heute kenne.

Man müsste den Glauben heidnisch und Christus griechisch machen.

Sisyphus findet, dass alles gut ist. Er lehrt uns die größere Treue, die die Götter leugnet und die Steine wälzt.

Indem sie protestiert gegen das, was der Tod an Unvollendetem und das Böse an Zerrissenem ins Dasein bringen, ist die Revolte die begründete Forderung einer glücklichen Einheit gegen das Leid des Lebens und Sterbens. Wir müssen der Gerechtigkeit dienen, weil unser Wesen ungerecht ist, das Glück und die Freude fördern, weil diese Welt unglücklich ist.

 

Die Dämmerung drang wie graues Wasser in das Lokal, das Rosa des Abendhimmels spiegelte sich in den Scheiben, und die Marmorplatten der Tische schimmerten schwach in der einsetzenden Dunkelheit.

Im Frühling wohnen in Tipasa die Götter. Sie reden durch die Sonne und durch den Duft der Wermutsträucher, durch den Silberkürass des Meeres, den grellblauen Himmel, die blumenübersäten Ruinen und die Lichtfülle des Steingetrümmers. Zu gewissen Stunden ist das Land schwarz vor lauter Sonne. Ich bin mit Sternen über dem Gesicht wach geworden. Landgeräusche stiegen zu mir herauf. Gerüche nach Nacht, Erde und Salz erfrischten meine Schläfen. Der wunderbare Frieden dieses schlafenden Sommers drang in mich ein wie eine Flut. Angesichts dieser Nacht voller Zeichen und Sterne öffnete ich mich zum ersten Mal der zärtlichen Gleichgültigkeit der Welt. Ich liebe dieses Leben von ganzem Herzen und will frei von ihm reden: Ich danke ihm den Stolz, ein Mensch zu sein. Worauf? Auf diese Sonne und dieses Meer, auf mein von Jugend überströmendes Herz, auf meinen salzigen Leib und diese unermessliche Pracht aus Glanz und Glück, aus Gelb und Blau. Ich muss all meine Kräfte aufbieten, um dieser Fülle standzuhalten. Alles hier lässt mich gelten, wie ich bin; ich gebe nichts von mir auf und brauche keine Maske: Es genügt mir, dass ich, geduldig wie eine schwierige Wissenschaft, die so viel wichtiger ist als all die Lebenskunst der andern, lerne: zu leben.   Ja, es gibt die Schönheit, und es gibt die gedemütigten Menschen. Wie schwierig das auch sein mag, ich möchte keiner dieser beiden Seiten jemals untreu sein. Die Sonne lehrte mich, dass die Geschichte nicht alles ist. Die Welt ist schön, und außer ihr gibt es keine Rettung. Sie trägt mich bis ans Ende. Sie verneint mich ohne Zorn. Die Schriftsteller waren immer auf der Seite des Lebens – gegen den Tod. Wo wäre die Würde dieses lächerlichen Berufs, wenn nicht in der unablässigen Fürsprache für die Sache des Menschen und des Glücks? Die wahren Künstler betrachten nichts mit Verachtung. Sie bemühen sich zu verstehen, nicht zu richten. Und wenn sie in der Welt Stellung zu beziehen haben, so können sie sich nur für eine Gesellschaft entscheiden, in der nach Nietzsches großem Wort nicht mehr der Richter herrschen wird sondern der Schaffende, sei er nun Arbeiter oder Intellektueller.

Der Mensch ist nichts an sich. Er ist nur eine grenzenlose Chance. Aber er ist der grenzenlos Verantwortliche für diese Chance.

Die wahre Großzügigkeit gegenüber der Zukunft besteht darin, alles der Gegenwart zu geben. Die größte Ersparnis, die sich im Bereich des Denkens erzielen lässt, besteht darin, die Nicht-Verstehbarkeit der Welt hinzunehmen – und sich um den Menschen zu kümmern.

Seine Grundsätze sollte man sich für die großen Gelegenheiten sparen, für die kleinen genügt Erbarmen.

Jede Generation sieht zweifellos ihre Aufgabe darin, die Welt neu zu erbauen. Meine Generation jedoch weiß, dass sie sie nicht neu erbauen wird. Aber vielleicht fällt ihr eine noch größere Aufgabe zu. Sie besteht darin, den Zerfall der Welt zu verhindern. Als Erbin einer morschen Geschichte, in der verkommene Revolutionen, toll gewordene Technik, tote Götter und ausgelaugte Ideologien sich vermengen, in der Mächte ohne Größe heute wohl alles zu zerstören, aber niemand mehr zu überzeugen vermögen, sieht diese Generation sich vor die Aufgabe gestellt, in sich und um sich ein weniges von dem, was die Würde des Lebens und des Sterbens ausmacht, wiederherzustellen.   …jene starke dunkle Kraft, die ihn so viele Jahre über die Tage getragen, möge ihm mit der gleichen rastlosen Großzügigkeit, mit der sie ihm Gründe zu leben gegeben hatte, Gründe dafür liefern, alt zu werden und ohne Aufbegehren zu sterben. __________________________________________________________________________ Albert Camus wäre im vergangenen Jahr hundert Jahre alt geworden 1 Er dachte darüber nach, wie wir mit der Zeit umgehen sollten. Er liebte seine Heimat Algerien, die Sonne, das Meer, die Olivenbäume… Er kannte Armut und vergaß das nicht, ohne sie zu verleugnen oder zu verherrlichen. Er leugnete Gott und alle Götter. Er liebte die Menschen und stand auf der Seite der Armen. Er wandte sich gegen politische Systeme und Ideologien. Er weigerte sich, Partei zu beziehen und trat für Gewaltlosigkeit ein. Er wusste Bescheid darüber, dass Freude nicht ohne Schmerz zu haben ist. Er sprach darüber, wie Menschen an der Welt Raubbau treiben. Er fand sich nicht ab, dachte nach und suchte immer einen eigenen Weg. Er baute auf Freundschaft. Er war ein skeptischer Denker, und ein großer Stilist. Dass seine sterblichen Überreste mehr als 50 Jahre nach seinem Tod aus dem südfranzösischen Dorf, in dem er zuletzt gelebt hatte, ins Pariser Panthéon überführt worden wären – wie der französische Staatspräsident vorschlug – ist ihm erspart geblieben. Das Fussballmatch, das in Erinnerung an ihn gespielt wurde, hätte er sich wohl gefallen lassen.

  1. aus diesem Anlass sind drei Biografien erschienen, aus denen man sich über sein Leben und Werk informieren kann: Radisch, Iris: Camus. Das Ideal der Einfachheit, Hamburg 2013; Meyer, Martin: Albert Camus. Die Freiheit leben, München 2013; Onfray, Michel: Im Namen der Freiheit – Leben und Philosophie des Albert Camus, München 2013. Als Lektüre – Einstieg würde ich das postum erschienene, autobiografische Romanfragment: Der erste Mensch empfehlen, und dazu den Roman Die Pest, der ihn weltberühmt gemacht hat.

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