Warning: Undefined variable $open_graphite_head in /home/.sites/587/site434/web/wp-content/plugins/open-graphite/_open_graphite.php on line 619 Nach dem BuddhismusGedanken und Fragen, formuliert von Stephen Batchelor – Säkularer Buddhismus

Nach dem Buddhismus
Gedanken und Fragen, formuliert von Stephen Batchelor

Vor wenigen Wochen wurde eine Vortragsreihe von Stephen Batchelor mit dem Titel „Nach dem Buddhismus“ im Internet zugänglich gemacht 1.

Es geht Stephen Batchelor nicht darum, Buddhismus zu dekonstruieren, wie er sagt, sondern das herauszuschälen, was Buddhas eigenständige Lehre sei. Zentrale Elemente davon seien in jedem Fall „die vier Aufgaben“, meist „die vier (edlen) Wahrheiten“ genannt, und von diesen sei der Ausgangs- und Angelpunkt für unsere Lebenspraxis, wie wir mit Schmerz, dukkha„, umgingen 2. Dabei komme es darauf an, wie wir Sprache einsetzten und wie wir von ihr unser Denken und Handeln prägen ließen: der Satz „Leben ist Leiden“ sei als Dogma formuliert, während „umarme den Schmerz“ eine Anleitung für die Praxis sei, und darum wäre es Buddha gegangen.

Batchelor stellt die Frage, ob es notwendig sei, registrierte/r Buddhist/in zu sein, um die vier Aufgaben zu leben, und er meint, das wäre es nicht. Antworten auf die grundlegenden Fragen über Geburt und Tod, über den Sinn des Lebens – für ihn religiöse Fragen – könnten wir in der Tradition Buddhas finden, ohne dass wir in unserer religiösen Identität buddhistisch werden müssten, in Opposition zu Christen, Juden oder Muslims. Es könnte darauf hinauslaufen, eine Kultur des Erwachens weiterzuentwickeln, und nicht die Religion Buddhismus. Es sei schon Buddha nicht um die Formulierung von Glaubenssätzen in Abgrenzung zu vorhandenen Religionen gegangen 3.

Batchelor spricht ausführlich über die geistige Tradition, die, ausgehend von Buddhas Lehre, auch in unserem westlichen Denken Wurzeln geschlagen habe. Er beschreibt Grundzüge hellenistischer Philosophie bei Epikur und vor allem bei Pyrrho von Elis, der im 4. vorchristlichen Jahrhundert Indien bereist habe, und dessen Lehre erstaunliche Parallelen zu buddhistischem Gedankengut aufweise 4. Als Beispiele für weitere Vertreter dieser „lineage“, dieser geistigen Abstammungsreihe, nennt er unter anderen den römischen Dichter Lukrez, den französische Autor der berühmten „Essais“ Michel de Montaigne und den englische Lyriker John Keats. Diese Denker hätten nicht direkte Anleihen bei buddhistischem Gedankengut genommen, vielmehr eine geistige Kontinuität entwickelt; buddhistische Ideen wären von ihnen mit wichtigen Ansätzen westlichen Denkens verknüpft worden. Es gebe hier eine gemeinsame, religionsübergreifende Tradition in Asien und Europa, die trotz massiver Erschwernisse bis heute lebendig geblieben sei; daran hätten auch das Verbot hellenistischer Philosophie unter Kaiser Justinian im 6. Jahrhundert n. Chr. und die Versuche in Zeiten des Kolonialismus, östliches Denken als minderwertig darzustellen, nichts ändern können.

Die „vier Aufgaben“ als ein Kernstück buddhistischen Denkens seien von besonderer Bedeutung beim Nachdenken über die Frage, was vom Buddhismus bleiben werde; ob er den Übergang von indischer Kosmologie in die saekulare, globalisierte Gegenwart schaffen werde. Dies ist für Batchelor nicht entschieden. Und werde das, was dabei herauskommt, noch Buddhismus sein, oder etwas anderes?

Batchelor spricht respektvoll über die Rolle von Ritualen in unserem Leben: sie würden uns verlangsamen, und sie trügen dazu bei, Unsichtbares sichtbar zu machen.

  1. Batchelor hat dieses Seminar – teilweise gemeinsam mit Joan Halifax – im Feber 2013 im Upaya Zen Center in New Mexico, USA, gehalten; die Texte sind als Serie von Audio-Files frei zugänglich unter: http://www.upaya.org/dharma/after-buddhism-series-all-12-parts/. Dieser Beitrag bringt vor allem Inhalte aus den Abschnitten 8 und 9, ausgewählt und frei wiedergegeben von Evamaria Glatz
  2. s. die Seite „Was ist saekularer Buddhismus“ auf dieser Website
  3. Batchelor verweist auf neue Forschungsergebnisse, wonach brahmanisches Gedankengut zu Buddhas Lebenszeit in seiner Region zwar nicht unbekannt, aber keineswegs so dominant wie in späteren Jahrhunderten gewesen sei, sodass kritische Auseinandersetzung damit nicht unmittelbar anstand. Er erwähnt dabei den Forscher Johannes Bronkhorst, vor allem sein Werk: Greater Magadha, Studies in the culture of early India, 2007
  4. s. auch der Beitrag auf diesem Blog: Alles hängt zusammen

2 Antworten auf „Nach dem Buddhismus
Gedanken und Fragen, formuliert von Stephen Batchelor“

  1. Danke für den wichtigen Link, liebe Evamaria. Hab mir den wunderbaren Vortrag von Batchelor angehört, in dem er über Ästhetik und Kunst im Zen spricht. Das hat mich motiviert, heute in contemplativer Stimmung einen knospenden Buchenzweig zu zeichnen.-
    Daß auch Joan Halifax zum säkularen Buddhismus gehört, das wußte ich nicht, und hab mich darüber gefreut! Nachdem mein Krebs überwunden war, las ich ihr Buch über das
    Sterben, denn ich wollte mich innerlich auf eine immer mögliche Rückkehr des Krebses (auch wenn es mir sehr gut geht und ich seit langem wieder arbeite)vorbereiten. Ich staunte, wie gelassen, sogar heiter sie Sterbende begleiten kann, und dachte, sicher glaubt sie ganz fest an die Reinkarnation, auch wernn sie kein Wort darüber verliert.
    Sie glaubt also nicht daran, umso mehr erstaunt mich ihre Fähigkeit, und ich frage mich, wie sie das schaffen kann, und bewundere sie. Liebe Grüße, und danke! Chrisja

    1. Ich bin mir nicht sicher, ob Joan Halifax sich selbst eine säkulare Buddhistin nennen würde, eine engagierte Buddhistin ist sie bestimmt. Beim Anhören der Gespräche mit Stephen Batchelor hatte ich den Eindruck, dass die beiden nicht in allen Punkten übereinstimmen, was sie erfreulicherweise nicht daran hindert, gemeinsam zu lehren.
      Ob Joan an Wiedergeburt „glaubt“ oder nicht, ist mir nicht bekannt. Aber Sterbende gelassen und heiter zu begleiten, kann einfach schlichter Ausdruck von Präsenz in den Gegenwart sein, oder? Dafür ist das Konzept der Wiedergeburt entbehrlich.
      Evamaria

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