Warning: Undefined variable $open_graphite_head in /home/.sites/587/site434/web/wp-content/plugins/open-graphite/_open_graphite.php on line 619 Texte, die angeregt und gut getan haben: Ein persönlicher Kommentar zu Winton Higgins‘ Vorträgen – Säkularer Buddhismus

Texte, die angeregt und gut getan haben:
Ein persönlicher Kommentar zu Winton Higgins‘ Vorträgen

kapfensteinGott ist für mich vor Jahrzehnten gestorben, als ich ungefähr zwanzig war. Wie kommt es also, dass Winton Higgins‘ neue Vorträge über „Die vier Grenzbereiche für säkulare Buddhistinnen und Buddhisten“ mir heute noch so nahe gehen? 1 Gott war übermächtig groß in meiner Kindheit und Jugend, streng und fordernd. Entfernte Ahnungen, es könnte sich bei ihm und der ganzen katholischen Kirche um eine Inszenierung handeln, um uns junge Leute zu reglementieren, konnte ich nicht festhalten. Das kam erst, als ich Teil der „Achtundsechziger“-Rebellion wurde. Da habe ich dann, ganz so, wie im ersten Vortrag skizziert, den wissenschaftlichen Materialismus an die Stelle der Religion gesetzt und so das „gottesförmige Loch“, wie Higgins es nennt, auszufüllen versucht: Dogmen und ihre Absolutheitsansprüche waren mir wohl vertraut. Diese Strategie hat mir lange gute Dienste geleistet, hat mir sowohl zu Einsichten über Politik und Gesellschaft als auch zu gleichgesinnten Freundinnen und Freunden verholfen. Was uns dabei nicht leicht fiel – und das gilt teilweise bis heute – war: wie gehen wir mit Festen um, mit Weihnachten und Ostern, aber auch mit Hochzeiten und Begräbnissen? Was mich betrifft: die Kraft der Religion, in und mit der ich aufgewachsen war, als „kulturelle Praxis“, wie Higgins es nennt, habe ich für lange Zeit – voller Widerspruchsgeist – unterschätzt und daher nur schlecht in mein erwachsenes Leben integrieren können. Ich denke, das hängt mit der Sündenlastigkeit meiner überkommenen Kindheitsreligion zusammen; lange musste ich mich damit auseinandersetzen, immer wieder an irgendetwas schuld zu sein. Da blieb nicht viel Raum, die Freude an festlichen Inszenierungen, die ich in meinem frommen Elternhaus auch mitbekommen habe, auf neue Weise weiter zu kultivieren. In Richard Rorty’s Formulierung – von Higgins zitiert: das Konzept der „Selbstreinigung“ hatte ich mehr als genug verinnerlicht, das der „Selbsterweiterung“ nur unzureichend. Dass ich nicht alles aus meiner religiösen Erziehung in einem Schwung über Bord werfen sollte – für diese Einsicht habe ich lange gebraucht. Als Mitgift habe ich doch bekommen: mich an persönlicher Weiterentwicklung zu freuen, Zufriedenheit mit mir selbst und Selbstgerechtigkeit auseinander halten zu können, und mich lebenslang als „work in progress“ zu verstehen, wie Higgins das nennt. Dass das alles ohne das lähmende Konzept von „Schuld“ viel leichter geht, ist mir Thema lebenslangen Lernens 2.Am Ende rühmt Higgins den „Anfängergeist“; ja, den zu pflegen tut allezeit gut: immer wieder aufzuspüren und wirken zu lassen, was ungewohnt, überraschend und neuartig ist. Lange habe ich an dem folgenden Zitat von Milarepa, einem tibetischen Mönch und Dichter aus dem 11. Jahrhundert, herumgerätselt – mit Winton Higgins‘ Unterstützung kann ich nun ein wenig mehr damit anfangen:

Die Dämonen für Dämonen zu halten, Das ist die Gefahr. Sie als leer zu erkennen, das ist der Weg. Sie zu begreifen als das, was sie sind, Das ist die Befreiung.

  1. nachzulesen unter: „Was ist säkularer Buddhismus?“ auf dieser Website
  2. Musik kann solche Knoten lösen helfen: https://www.youtube.com/watch?v=9s-EvKrXo. Das Motiv des „Balm of Gilead“ stammt aus dem Alten Testament der Bibel; das Lied ist ein traditionelles afro-amerikanisches Spiritual, ein schönes Beispiel für Higgins‘ Feststellung, dass unsere Kultur ohne Kunst, die im Religiösen wurzelt, nicht denkbar ist, und ein Lieblingsstück von mir

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